Donnerstag, 30. Dezember 2010

Gib' mir Pflanzennamen

Gemüse ist ja so einiges - gesund, bunt, kalorienarm und, wenn man nicht gerade in Großbritannien oder der Firmenkantine ist, knackig. Es ist ein optimaler Gewissensberuhiger zwischen Weihnachtsbraten und Silvester-Fondue und eine durchaus ernstzunehmende Hauptspeise. Auch, wenn ich immer kurz Angst habe zu verhungern, wenn ich höre, dass es etwas Vegetarisches zu Essen gibt. Ich mag fleischloses Essen und habe sogar selbst ein paar Jahre vegetarisch gelebt. Leider hat sich meine Ernährung in dieser Zeit meist auf Salat oder tiefgefrorene Gemüsestäbchen beschränkt, so dass mein Enthusiasmus für diese Ernährungsform irgendwann erlahmte. Vor ein paar Tagen habe ich allerdings ein vegetarisches Lebensmittel kennenlernen dürfen, das mir in mehrerlei Hinsicht sehr entgegenkam: Es heißt Quinoa und ist ein Gänsefußgewächs. Klingt nach Blume, schmeckt aber nach Nuss und sieht fertig zubereitet aus als hätte man aus Leinsamen Popcorn gemacht. A
Toll ist es einerseits, weil es sehr eiweißhaltig ist und einen Haufen ungesättigter Fettsäuren enthält und andererseits, weil es extrem widerstandsfähig ist. Also das optimale Lebensmittel für mich. Etwas, das Nässe genauso aushält wie Trockenheit und schlechten Boden, überlebt vielleicht auch mich ohne sich vom Balkon zu stürzen. Apropos Balkon: Dass Quinoa selbst Frost standhält, ist ein weiterer Vorteil wenn ich mir die erstarrten Tomatenpflanzen auf unserer verschneiten Terrasse so anschaue. Der Inkareis, wie die braunen Körnchen auch genannt werden, wurden schon vor 6000 Jahren in Südamerika angebaut, in den Anden, weil sich auf 4000 Meter Höhe jedes andere Getreide weigerte zu wachsen. Die alten Völker schienen ohnehin ein gutes Gespür für fleischloses Essen gehabt zu haben - außer, die Bayern vielleicht, wenn man vom Bärwurz absieht.
Der heutige Foodversuch war jedenfalls auch eine Art Volkskunde: indisch.
Ayurvedisch, um genau zu sein. Aloo gobi. Hat nichts mit der Wüste Gobi zu tun, sondern mit Blumenkohl und Kartoffeln. Das Gute an diesem Gericht ist, dass es sehr einfach zuzubereiten ist (ich habe es trotzdem Achim machen lassen) und dass es für alle Doshas passt. Ein Dosha ist ein Bündel aus zwei Elementen, also Äther und Luft, Feuer und Wasser oder Wasser und Erde. Je nach Zusammensetzung nennt man die Doshas Vata, Pitta oder Kapha, die sich in der Schichtarbeit abwechseln: Vata ist zwischen 2 und 6 Uhr und zwischen 14 und 18 Uhr aktiv, mit Vorliebe im Frühjahr und Herbst, der Sommer und die Zeiten von 10 bis 14 Uhr und von 22 bis 2 Uhr gehören Pitta und Im Winter von 6 bis 10 Uhr und von 18 bis 22 Uhr ist Kapha aktiv. Die Verteilung der Doshas im Körper bestimmt den Konstitutionstyp des Menschen. Ich habe eine halbe Stunde lang Kreuzchen in einem Fragebogen gemacht und weiß jetzt, dass in mir am meisten Pitta rumschwirrt und kaum Kapha. Pitta steht auf sauer, scharf und salzig. Damit mein Körper im Gleichgewicht bleibt, darf ich also süß, bitter und herb essen. Oder eben Blumenkohl. Wahrscheinlich fühle ich mich deswegen gerade so entspannt.
Vielleicht liegt es aber auch an dem kleinen Feierabend-Bierchen, das ich mir im Dienste der Wissenschaft einverleibt habe: Laut Ayurveda ist Hopfen nämlich bitter, also genau richtig, um mein Pitta auszugleichen. Vegetarisch ist es obendrein und - wie unser neuer Flaschenöffner ganz richtig feststellt: "Bier kalt stellen ist auch irgendwie kochen". Einen guten Rutsch ins neue Jahr - und immer schon die Brennpaste unterm Fonduetopf im Auge behalten.

Samstag, 25. Dezember 2010

Weihnachtszeit, Würstchenzeit

Was ich an Weihnachten mag ist, dass zwei Dinge sicher sind: Last Christmas kommt bis zum Ohrenkrebs im Radio - und es gibt Würstchen mit Kartoffelsalat. Eines der genialsten Essen der Weihnachtsgeschichte. Obwohl in selbiger unverständlicherweise weder von Wurst noch von Kartoffeln die Rede ist. Hätte die Romantik auch ein bisschen zerstört, wenn statt Friede, Freude und ein paar Engeln, Maria im Stall Kartoffeln schält während Joseph die Überreste des Ochsen in Schafdarm füllt und am Lagerfeuer röstet.
Jedenfalls macht mir Weihnachten immer bewusst, den dass die einfachsten Gerichte manchmal die besten sindWie Krautkrapfen. Die hat meine Mutter gemacht seit ich denken kann. Einfach Sauerkraut und Speck warmmachen, in einen Teig betten, eine Rolle draus machen und in gleichmäßige Stücke schneiden. Kurz in die Pfanne - fertig. Gab es bei uns anlässlich eines Vor-Weihnachts-Essens.Zusammen mit sauren Zipfeln. Das sind keine Gartenzwerge, die einen schlechten Tag erwischt haben - und hat auch nichts mit der männlichen Anatomie zu tun. Man legt schlicht Nürnberger Rostbratwürste in Essig,Zwiebeln,Lorbeer und Holunder ein und lässt das ganzeein wenig köcheln. Schmeckt auch am Tag nach Weihnachten großartig, wenn man vom vielen Christbaum loben einen Brummschädel hat (für alle nicht Allgäuer: Wenn man seine Nachbarn besucht und deren Christbaum lobt, müssen die einem einen - oder mehrere - Schnäpse ausgeben. Sensationeller Brauch, der erklärt, warum sich Allgäuerisch so anhört wie es sich anhört). Deshalb ein Hoch auf die Hausmannskost - und Frohe Weihnacht
en für euch alle.
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Dienstag, 21. Dezember 2010

All die schönen Farben...

Man mag von China halten was man will, aber Ahnung von Wellness haben sie. Eine ganze Menge von dem, was mit innerer Balance, Yin und Yan und Körper im Gleichgewicht zu tun hat, stammt von dieser Nation.
So auch die Lehre, dass man bei jedem Essen mindestens fünf Farben verzehren soll. Die hat übrigens der Gelbe Kaiser erfunden. Weil er der Überzeugung war, dass die Farben der Lebensmittel direkt mit den fünf lebenswichtigen Organen (Herz, Milz, Leber, Lunge und Nieren) und den Elementen Feuer, Wasser, Erde, Holz und Metall, zusammenhängen. Luft scheint als Element keine Rolle im Leben der Chinesen zu spielen, was den Smog in Peking erklären könnte.
Jedenfalls sind Metall-Lebensmittel weiß, reinigen Blick und Lunge und beruhigen. Zu ihnen zählen nicht etwa weiße Toyotas, sondern Pilze, Zwiebeln oder Blumenkohl. Holz-Essen ist grün und gut für die Leber, weshalb ich beim nächsten Trinkgelage definitiv eine Pizza mit Brokkoli bestellen werde. Schwarz steht für Wasser-Lebensmittel, wie schwarzer Sesam, tausendjähriges Ei oder Seegurken. Da man das bei uns nicht so häufig im Kochtopf findet, müssen die Nieren, die von den schwarzen Lebensmitteln versorgt werden, wohl zusehen, dass sie ihre Steine auf andere Weise loswerden. Gelbes Essen bedeutet „Erde“ und die wiederum „Milz“. Warum auch immer ein Planet mit einem Gewicht von 5,9 Tausend Trillionen Tonnen für ein Organ mit 150 Gramm steht. Rot, und darum musstet ihr die ganze Abhandlung hier lesen, steht für Feuer und beeinflusst Herz und Immunsystem.
Bei roten Lebensmitteln lagen wir gerade ganz weit vorne. Wir hatten nämlich die roteste Suppe, die man sich vorstellen kann. Aus Rote Bete, dieser spaßigen Knolle, die ein „e“ verloren hat und trotz Tarnung als Plural im Singular angesprochen werden möchte, also „Die Rote Bete ist ein Gemüse“ nicht „sind ein Gemüse“. Damit das Feuer auch ein bisschen Metall zum Spielen hat, gabs dazu Grießnockerl. Das war so lecker, dass sogar die Suppe selbst grinsen musste. Allerdings nicht lange, sie war ruck, zuck im Bauch verschwunden. Ist ja schließlich Winter – und da braucht man was Warmes fürs Herz.

Sonntag, 19. Dezember 2010

Chapeau, chapon

Was sieht aus wie ein Hahn, ist aber keiner? Richtig, ein Kapaun. Der Kapaun, oder Chapon, ist für den Franzosen das, was für uns die Weihnachtsgans ist. Nein, nicht sauteuer. Obwohl für das Federvieh anscheinend auch mal um die 150 Euro über den Tisch wandern. Er ist ein Festtagsgericht. Bis Weihnachten ist es zwar noch eine Woche hin (Gott sei Dank, ich habe noch nicht alle Geschenke) und Franzosen sind wir auch nicht, aber weil Franken und Frankreich ja doch ein bisschen ähnlich klingt - und der Kapaun im Sonderangebot war - lag gestern also eine solche Franzosen-Gans bei uns im Backrohr.
Ich muss schon sagen, ein leckeres Stück Geflügel ist er, der Kapaun. Und unter den 2,5 bis 3 Kilo Fleisch ist obendrein ein so großer Hohlraum versteckt, dass ein Honigmelonen-großer Klops Semmelknödel-Teig reinpasst. Damit der Kapaun soviel Fleisch auf die Rippen kriegt, muss er allerdings seine Männlichkeit Opfern. Er ist sozusagen der Eunuch unter den Brathähnchen. Ist er erstmal kastriert, wird er 150 Tage lang mit allem vollgestopft, was das Kapaun-Herz begehrt und vor lauter Begeisterung setzt er das Fett nicht partiell in dicken Klumpen an, wie das normale Hendl tun, sondern verteilt es gleichmäßig in den einzelnen Fleischfasern. Das macht den Braten zart. Ziemlich zart sogar. Vom Essen verstehen die Franzosen halt doch was. Und die Franken auch.

Samstag, 18. Dezember 2010

O backt is!

Jesus ist ein Stollen. Das behauptet zumindest das Internet. So soll der Christstollen eine Nachbildung des Jesuskindes und der weiße Puderzucker seine Windel sein. Ob das Vanillekipferl eine Hommage an den Ochsen von Betlehem ist, habe ich nicht rausgefunden. Wollte ich auch gar nicht. Was ich ursprünglich rausfinden wollte war, wer Schuld daran ist, dass unsere Küche gestern aussah wie eine Langlaufloipe. Wir haben nämlich Plätzchen gebacken. Und Lebkuchen. Was mich besonders stolz - und das Mehlchaos auf unserer Anrichte vergessen - macht, ist, dass meine Mohn-Masskrüge genießbar sind. Meine ersten Plätzchen, die diesen Namen auch verdienen, und zu denen ich mehr beigetragen habe, als sie auszustechen und in Schokolade zu tunken.
Das habe ich diesmal zwar auch gemacht, aber es war nur das i-Tüpfelchen auf einem Teig, der weder verkohlt noch halb roh war, als er aus dem Backrohr kam. Dabei habe ich die Niederlage schon kommen gesehen als sich in unserer Küchenmaschine ein braungraues, bröckeliges Gemisch herumwuchtete, das später einmal der Teig werden sollte. Irgendwie hat es das Maschinchen aber geschafft, aus den Mohnbröseln und Butterklumpen eine glatte Masse zu machen, aus der sich anstandslos Plätzchen stechen ließen. Ich habe kleine Bierkrüge gebacken - wenn ich schon Jesus' Windeln esse, muss ich nicht noch Sternen die Zacken oder Engeln die Flügel abbeissen.
Die Bier-Kekse waren aber nur das Warm-up zum Titelkampf des Abends: Nürnberger Lebkuchen backen, nach altem Familienrezept. Was genau reinkommt, kann ich deshalb nicht verraten, nur soviel: es ist keine Zutat drin, die weniger als 4.000 Kalorien pro 100 Gramm hat. Wahrscheinlich schmecken die Dinger deshalb so grandios.
Ein Genuss, den wir uns aber hart erarbeiten mussten. Habt ihr schon einmal nach drei Gläsern Glühbirne (unsere Birnensaft-Rum-Alternative zum Glühwein) versucht, eine Masse mit den Hafteigenschaften von Pattex auf winzige Oblaten zu verteilen und so glatt zu streichen, dass man das Ergebnis auch nüchtern noch ansehnlich findet? Wir habens geschafft, aber es hat sechs Leute gebraucht, um den Teig zu bezwingen. Jetzt liegen die Naschereien in einer Weihnachtsdose und warten darauf heute Abend als Nachtisch verezehrt zu werden. Ich freue mich jetzt schon auf einen Lebkuchen mit Schokoglasur.
Wenn man die Schoki im Wasserbad schmilzt, darf man das Wasser übrigens nicht zu heiß werden lassen, sagt Achim, sonst wird die Kuvertüre bröselig. Und man darf keinen Schnaps reinkippen, sonst wird sie auch bröslig, sage ich. Aus Praxiserfahrung.
In diesem Sinne: Eine fröhlichen vierten Advent.
Ach ja: Erfunden haben das Plätzchenbacken wohl ein paar Klosterbrüder im Mittelalter. Gut gemacht, Jungs.

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Kräuter streuen ist nicht schwer, Kräuter sähen aber sehr

Gestern waren wir in einem kleinen indischen Imbiss. Wir haben Lamm und Rind bestellt und Fisch und Garnelen bekommen. Deshalb gab es heute Lamm. Ausgleichs-Lamm sozusagen. Als zweite Stufe meines Schnippel-Praktikums durfte ich zum Lamm-Gericht beitragen, indem ich einen halben Kürbis unfallfrei geschält und gehäckselt habe. Gelernt habe ich dabei, dass eine harte Schale keineswegs immer auf einen weichen Kern schließen lässt. Ein schwieriges Stück Lehr-Arbeit.
Apropos schwierig: Da ich nicht als Dauerpraktikant enden möchte - auch und vor allem nicht im Bereich Kleinschneiden - wollte ich einen Teil meines Gärtner-Projektes vorziehen. Und zwar, indem ich einen Indoor-Kräutergarten anlege. Nicht ein paar schnöde Blumentöpfe auf dem Fensterbrett, einen hängenden Garten! Ein Minimum an Showeffekt erwarte ich schließlich auch von grünem Gestrüpp, dass ich nur dann richtig zuordnen kann, wenn es getrocknet und gehackt in einer deutlich beschrifteten Streudose steckt. Einen Hängegarten für Kräuter zu finden, ist aber gar nicht so einfach. Ikea hat zwar Becher, die man in ein Wandgitter einfädeln kann und amazon hat ein Wandgitter. Nur versendet Ikea die Becher nicht und eher werde ich die Kräuter in unserer Steckdosenleiste anpflanzen als in der Vorweihnachtszeit zum Schweden-Discounter zu gehen. Die anderen Online-Optionen für Hänge-Kräuter waren entweder zu teuer für ein Projekt, dem ich nach aktueller Selbsteinschätzung drei Wochen bis zum Tod durch Verdursten gebe. Oder sie sehen so aus wie etwas, das ein altgriechischer Architekt zusammen mit einem japanischen Manga-Zeichner im Vollrausch zusammengekloppt haben könnte.
Das Projekt ist also etwas ins Stocken geraten. Aber ich werde weiter suchen. Vielleicht traue ich mich ja am Wochenende in die Stadt und finde da etwas Hübsches - wenn ich vor lauter Leuten die Regale noch sehen kann. Und wenn nicht, werde ich eben das Alternativ-Projekt "Plätzchen backen" in Angriff nehmen. Ich habe nämlich ganz großartige Ausstechförmchen in Maßkrug-Form.

Montag, 13. Dezember 2010

Herrmann und Siegfried

Es gibt Essen, das man füttern muss. Bisher dachte ich, dass füttern die Aufgabe des Essens und futtern die Aufgabe des Essenden sei. Aber das war vor Hermann. Hermann ist ein Sauerteig – und eines der seltsamsten Lebensmittel, die mir bisher untergekommen sind. Er scheint irgendwie zu leben. Nicht nur, weil er Futter braucht. Oder Hermann heißt. Sondern weil über ihn Foreneinträge verfasst werden, die „Mein 1. Sauerteig“ heißen oder „Ist mein Sauerteig zu jung“ respektive „Mein Sauerteig ist tot“. Einige Sauerteig-Eltern veranlasst er zu Grönemyer-esquen Einträgen wie „Wann ist der Sauerteig ein Sauerteig?“. Auf der Seite hermannteig.de wird Hermann sogar als Universal-Genie verehrt, das von Generation zu Generation vererbt werden muss – oder per Email vom Seitenbetreiber bestellt werden kann. Der Teig scheint eine Art essbares Tamagotchi zu sein. Am ersten Tag hat er Hunger und will Mehl, Milch und Zucker. Am zweiten, dritten und vierten Tag will er umgerührt werden, am fünften Tag will er wieder Futter, am sechsten bis neunten Tag wieder rühren... am zehnten Tag ist der Lümmel dann endlich soweit, dass er sich dazu bequemt ein Brot zu werden. Das heißt dann übrigens Siegfried. Vielleicht wird er aber auch ein Betonklumpen, mit dem man prima Briefe beschweren oder sich Zähne ausbeißen kann. Aber selbst, wenn aus dem Hermann ein leckeres Backwerk wird: Wer weiß denn schon heute, dass er in zehn Tagen Lust auf Sauerteigbrot haben wird? Ich nicht, ich gehöre zur Gattung der Spontan-Einkäufer, die um 16 Uhr im Blutzuckerloch einen Jieper auf irgendein Gericht bekommen, dass dann um 18 Uhr fürs Abendessen eingekauft wird (nachdem man den Jieper um 16.05 Uhr mit Süßkram zum Schweigen gebracht hat). Glücklicherweise habe ich Freunde, die bessere Sauerteig-Eltern sind als ich es je werden könnte: Sie wissen nicht nur, wann der kleine Hermann gefüttert und wann gekrault werden möchte – sie fangen damit auch rechtzeitig an, damit wir zum gemeinsamen Abendessen bei ihnen zuhause oder auf unserem traditionellen Pärchen-Pfingstwochenende in Dänemark was Leckeres zum Belegen haben. Sie haben uns auch schon angeboten, uns was von ihrem Hermannbausatz abzugeben. Achim fand den Gedanken durchaus erwägenswert. Ich nicht. Ich habe schon einen Mann im Haus, den ich kraulen kann. Aber der füttert mich – und das finde ich deutlich charmanter als umgekehrt.

Sonntag, 12. Dezember 2010

Der Nudel Kern

In „Lanz kocht“ ging es letzte Woche um Lieblingsgerichte. Laut einer Umfrage, die der Moderator Markus Lanz zitierte, essen die Deutschen am liebsten Spaghetti Bolognese gefolgt von Spaghetti mit Tomatensoße. Das sind gute Nachrichten, denn Nudeln gehören zu den wenigen Gerichten, die ich annehmbar kochen kann. Ganz ohne Tütchen. Ich habe sogar die Pasta schon selbst gemacht, auch wenn die Nudelmaschine und ich noch immer nicht die besten Freunde sind. Weil die Pasta aber nichts dafür kann, dass die Maschine eine alte Zicke ist, mag ich sie trotzdem. Die Pasta, nicht die Nudelmaschine. Man hat eine Grund-Zutat, die es in so vielen Formen und Längen gibt, dass man sich einreden kann jeden Tag etwas anderes auf dem Teller zu haben – was sogar stimmt, wenn man die Soßen variiert. Ganz ehrlich, ich glaube es gibt nichts, was man nicht mit Nudeln mixen könnte: Tomaten, Pesto, Tunfisch, Hackfleisch, Olivenöl, Sahne, Gorgonzola... Cornelia Poletto hat sogar Rotkohl mit Spaghetti zusammengerührt und die anderen Köche in der Show sahen nicht so aus als hätte es ihnen nicht geschmeckt. Außerdem sind Nudeln ein so herrlich genügsames Lebensmittel. Man kann sie wochenlang unbeachtet im Schrank rumliegen lassen, muss sie weder gießen noch kühlen noch füttern (wie das wohl bei Sauerteig der Fall ist, aber das ist ein Thema für einen späteren Blog). Es genügt, sie zehn Minuten bevor die Gäste kommen in heißes Wasser zu kippen, etwas Salz dazu zu streuen und aufzupassen, dass nichts überkocht. Ins Sieb, zurück in den Topf, Soße drüber, mischen, fertig. Klappt immer und schmeckt (fast) immer. Das einzige Mal, das mir Pasta misslungen ist, war beim ehrgeizigen Versuch Ravioli zu machen. Sie sahen am Schluss eher aus wie ein Gemälde von Picasso und die Hälfte des Teigs hatte sich untrennbar mit den Ravioli-Förmchen verbunden. Warum ich das erzähle? Um mir die Zeit bis zum Abendessen zu vertreiben. Dann gibt es nämlich Nudeln mit Kürbis-Carbonara. Lecker!

Donnerstag, 9. Dezember 2010

Von Pfannen, Körpern und Mosaiken

Es ist Kuchenwoche: Vorgestern gab es im Büro Geburtstagskuchen (vier, um genau zu sein), heute gab es zum Abendessen Pfannkuchen und Lebkuchen gibt es in der Vor- und Akut-Weihnachtszeit sowieso die ganze Zeit.
Laut Internet gab es Kuchen schon bei den alten Griechen - ein weiterer Beweis dafür, dass sie wussten was sie taten. Damals hieß er aber noch plakous, was soviel bedeutet wie flach. Bei den Römern hieß das Ding placenta, was in der heutigen Bedeutung sicher keiner mehr essen wollen würde. Das "Leb" vor dem Weihnachtgebäck-Klassiker hat mit "Leber" übrigens nichts zu tun, sondern kommt von "Laib", also "Körper", der Lebkuchen ist also ein Flachkörper. Der letzte Kuchen, den ich gebacken habe, war eher ein Fluchtkörper. Er hat das Entfernen des Backrings leider nicht überlebt und arbeitet heute als Mosaik auf dem Mülleimer-Boden.
Dann doch lieber Pfannkuchen. Die habe sogar ich schon so hinbekommen, dass man sie nicht als Kaiserschmarrn tarnen musste. Ok, der einzige Pfannkuchen, der beim Wenden beschädigt worden ist, war der, den ich umgedreht habe - aber immerhin kann ich den einhändigen Backflip. Eine respektable Leistung für einen Brötchen-Würfel-Praktikanten, wie ich finde. Und lecker war der Pfannkuchen auch mit Fabrikationsfehler, vollgestopft mit Spinat, Käse und einer sensationellen Tunfisch-Creme.

Jetzt sitze ich auf der Couch und knabbere Mini-Nuss-Schnitten, die eine Freundin gebacken hat. Ein Loblied also auf den Kuchen, egal ob aus der Pfanne, als Körper, Mosaik oder flunderflach. Und wer jetzt mit Kalorien ankommt, der hat nichts verstanden.

Dienstag, 7. Dezember 2010

Plastique cuisine

Das erste Mal mit Vakuumieren in Berührung kam ich vor vielen Jahren als ich beim Zappen bei einem Shopping-Sender hängengeblieben war. Der hieß damals zwar noch nicht QVC, besser hat das die Sendung aber auch nicht gemacht. Es wurden Plastiksäcke für Bekleidung angeboten, die man mittels angeschweißtem Stutzen mit einem Kunststoff-Schlauch luftleer saugen konnte, bis die Klamotten darin so komprimiert waren, dass sogar Victoria Beckham mit Handgepäckt hätte verreisen können.
Danach begegnete mir das Vakuum regelmäßig im Mathematik-Unterricht, bevorzugt wenn der Lehrer mich aufrief, und saugte selbst die entfernteste Erinnerung an Zahlen und Formeln aus meinem Gehirn.

Nun hat sich das Vakuum einen neuen Platz in meinem Leben gesucht. Einen, der mir bisher am besten gefällt: Im Kochtopf. Das Vakuum heißt auch nicht mehr Vakuum, sondern Sous Vide. Beim Sous Vide Thermalisieren wird ein Stück Fleisch oder etwas Gemüse vakuumiert und gefühlte zwei Tage bei 50-60 Grad gegart. Es gibt sogar Geräte, die die Temperatur aufs Grad genau halten. Man kann also übers Wochenende wegfahren und wenn man wiederkommt ist der Braten fertig. Warum man das macht? Wegen der Chemie. Anscheinend entsteht beim gewöhnlichen Braten bei Temperaturen von und über 150 Grad Celsius ein starkes Temperaturgefälle im Braten. Der Kern ist also optimal temperiert, außen ist das Fleisch aber schon so am Schwitzen, dass es grau wird und sämtliche Flüssigkeit verliert. So kann man es zwar zum Schuhebesohlen verwenden, essen macht aber nicht mehr wirklich Spaß - außer man kaut gern Kaugummi. Das passiert beim Niedrigtemperaturgaren nicht. Und obendrein bleiben auch noch alle Nährstoffe erhalten. Schmeckt wirklich gut und man hat vom vielen Rumschleichen um den Ofen auch so richtig schön Hunger. In diesem Sinne: Guten Appetit! Das Abendessen müsste gegen Mitternacht fertig sein.

Montag, 6. Dezember 2010

Der Pudding wackelt

Schokopudding ist unkooperativ und hinterhältig. Da lässt man ihn in warmer Milch baden, jeder Klacks bekommt ein Einzelzimmer in der Muffinbackform, wird liebevoll mit Frischhaltefolie zugedeckt, damit er vor lauter Frieren im Kühlschrank keine Haut bilden muss. Und was ist der Dank? Sobald er auf den Nachtischteller hüpfen soll, zerfällt er zu etwas, das so ähnlich aussieht wie die Hinterlassenschaften einer Miniatur-Kuhherde. Den auf Foto gebannten Anblick erspare ich euch.

Wir haben dieses Verhalten aber ausdrücklich mißbilligt, ausführlich analysiert und sind zu dem Schluss gekommen: Die Schokotropfen, die ich eingerührt hatte, haben die Oberflächenspannung zerstört.



Erfolgreicher war ich bei meiner Karriere als Brötchenwürfel-Praktikantin. Die Würfel für den Serviettenknödel waren so gut (der Knödel übrigens auch), dass ich die Bröggala für die Kartoffelklöße schnippeln durfte. Die Bröggala sind eine von drei Komponenten. Man jagt eine Hälfte der geschälten Kartoffeln durch die Elektro-Saftpresse, vermischt die Kartoffelfetzen mit - jawoll - Knödelweiss und der durch das Gehäksel in der Saftmaschine extrahierten Kartoffelstärke. Die andere Hälfte der Kartoffeln kocht und zerstampft man. Dann fügt man beide Breie zusammen, füllt ein paar knusprig angeröstete Weißbrot-Bröggala ein und batscht die Masse. Das ist eine Bewegung, wie wenn man einen Schneeball roll, was in einem zu 50 Prozent fränggischen Haushalt, wie dem unseren, allerdings eine mehr als notdürftige Übersetzung ist. Wenn die Klöße gebatscht sind, dürfen sie eine Runde im heißen Wasser schwimmen und werden dann in Soße ertränkt. Hat sensationell geschmeckt. Und das Reh auch - das hat sich deutlich weniger gewehrt als der Pudding, obwohl es sechs Stunden bei 60 Grad in der Röhre aushalten musste. Wenn es zusätzlich in eine Plastiktüte eingeschweißt gewesen wäre, hätte übrigens der Koch nicht vergessen es auszupacken bevor er es in den Often schiebt, sondern hätte es nach "Sous Vide Methode" gegart. Aber dazu morgen mehr. Jetzt gehe ich erstmal die restlichen Puddingtütchen beschimpfen. Sie haen es verdient. Gut Koch!

Carol

Sonntag, 5. Dezember 2010

Die Würfel sind nicht gefallen

Gestern habe ich gelernt, dass es Knödelweiss gibt. Das hat nichts mit Edelweiß zu tun, auch wenn es so ähnlich klingt. Man kann nicht einmal Schnaps daraus machen, wie aus dem haarigen Bergblümchen. Dass Knödelweiss trotzdem eine Daseinsberechtigung in der Küche hat, hat ästhetische Gründe. Es ist so eine Art Blondierung für Klöße. Allerdings nur für Kartoffelklöße, weil die Stärke der Kartoffeln den Knödelteig ohne die Natriumsulfit-Blondierung gräulich werden lassen würde. Laut google ändert die Farbe nichts am Geschmack, aber Pamela Anderson hätte ja auch deutlich weniger lecker ausgesehen, wenn sie statt mit goldblonden Locken mit grauen Strähnen am Malibu Beach herumgejoggt wäre.

Das Knödelweiss, beziehungsweise die gesamten Knödel, bilden heute eine der drei Beilagen zur Dinner-Rehkeule. Die anderen beiden sind Rotkraut und Serviettenknödel. Warum es noch eine Knödelgattung zum Abendessen gibt, liegt einerseits daran, dass wir kurzfristig statt für zwei für vier Leute kochen. Andererseits ist die Herstellung des Serviettenkloß-Teigs vergleichsweise einfach und damit ein willkommener Einstieg in meine Küchenkarriere. Jahaaa, ich habe die Brötchen gewürfelt! Und ich habe sie so in Schach gehalten, dass kein einziger auf dem Boden gelandet ist. Jetzt weiß ich auch, dass es eine spezielle Schneide-Abfolge für das Würfeln von Brötchen gibt: Erst zwei Mal durch die Breitseite, dann zwei Mal längs von oben und schließlich quer würfeln. Was ich immer noch nicht weiß ist, warum hier im Norden die Grundzutat Brötchen, das fertige Gericht aber SEMMELknödel heißt. Damit ich mir darüber nicht weiter den Kopf zerbrechen muss, hat Achim die Variante "Serviettenknödel" gewählt, also ein riesiger Maulwurfshügel aus Brotwürfeln, Eiern und Milch, der in ein Handtuch eingeschlagen, in rund zwei Stunden ein Bad im Heißwasser-Topf nehmen wird. Dann werden auch die Kartoffel-Klöße blondiert, wie aufregend!

Ich habe übrigens den Nachtisch gemacht: Schokoladenpudding aus der Tüte mit Zartbitter-Schokolinsen on top - auch aus der Tüte. Die Challenge: Ich habe den Pudding nicht, wie sonst immer, gleich in die Schalen gefüllt, aus der er auch gelöffelt wird. Nein, ich muss diesmal genau den Punkt abpassen, an dem er kalt genug ist, um ihn aus den Silikon Muffin-Backförmchen zu stürzen ohne dass er sich in seine Einzelteile zerlegt. Drückt die Daumen - heute irgendwann zwischen 19 und 20 Uhr.

Carol

Samstag, 4. Dezember 2010

Warum ich euch das antue

Amerika ist schuld an diesem Blog. Gerade sind wir zurück von einer Reise nach New York. Und anstatt mich mit überdimensionalen Hamburgern und Schwimmbecken voll Cola vollstopfen zu müssen, habe ich dort richtig lecker gegessen. Meistens jedenfalls. Sogar Gourmet-Supermärkte gibt es - in Amerika! Dieser Schock hat wohl eine Sicherung in meinem Kopf durchbrennen lassen. Als ich morgens um 5 Uhr jetlag-wach im Bett lag und es draußen noch zu dunkel war um die Wolkenkratzer richtig sehen zu können (vielleicht hätte ich auch einfach meine Brille aufsetzen sollen), überlegte ich mir, was ich später zum Frühstück essen wollte. Und wo mein Gehirn schon einmal beim Thema Essen war, ließ es fröhlich die besten Food-Szenen aus den vergangenen zweieinhalb Jahren Revue passieren - von denen ich bei keiner mehr beigetragen habe, als den Abwasch zu machen. Gekocht haben mein Freund Achim, mit dem ich seit eben diesen zweieinhalb Jahren zusammen bin, und einige unserer Freunde, die in späteren Blogs sicher noch öfter vorkommen werden. Da gab es Hummer, Dry-aged Beef, Grill-Pizza und selbstgemachte Würstchen... kurz: etwas aufwändigere Küche als mein bisheriger "Beutel-auf-Pulver-ins-heiße-Wasser-fertig"-Ansatz. Bis dato hat mir die Aufteilung (die anderen kochen, ich esse) ganz gut gefallen. Aber die Erkenntnis, dass sogar Ami-Food richtig lecker sein kann, hat meinen Ehrgeiz angestachelt. Da ich jedoch weiß, dass mein Kochtalent ziemlich unterentwickelt bis nicht-existent ist, werde ich mich in den kommenden Monaten nicht auf die Zubereitung der Mahlzeiten, sondern auf die Zutatenbeschaffung konzentrieren. Sprich: Ich werde versuchen möglichst genau herauszubekommen, was da auf meinem Teller liegt und soviel wie möglich selbst herstellen. Und das geht am besten mit einem eigenen Garten, den ich auf unserem Balkon anlegen werde. Mit Blick auf die weiße Pracht draußen wird dieses Projekt zwar erst 2011 starten, aber bis dahin könnt ihr euch freuen auf meine Erfahrungen mit Plätzchen backen, Käse herstellen und beim Wurstmachen assistieren. Übrigens: Morgen gibt es Rehkeule. Stay cooked!
Carol