Donnerstag, 29. Dezember 2011

Burnout kann was Feines sein

Peng, Puff, Zisch – nein, das ist kein Batman-Comic. So wird es sich bald wieder anhören, wenn zum Jahreswechsel tausende Böller in die Luft gejagt werden. Funkeln, Glitzern, Brennen finde ich alles super. Und weil das Koch-Äquivalent des Feuerwerks das Flambieren ist, finde ich es auch toll, wenn mein Freund in der Küche was anzündet (solange es nicht die Küche selbst ist oder ein Küchengerät , siehe „Ist das Kunst oder kann man das essen?“).
Das, was auf dem Bild vor sich hinlodert, ist kurz darauf zu einer leckeren Geflügelbrühe mit einem mehr oder weniger großen Schuss Wein geworden. Sehr lecker, obwohl mir bisher nicht bewusst war, dass man Brühen flambieren kann und möchte – und dass Wein brennt. Weinbrand hin oder her. Funktioniert aber so gut, dass das sogar die Sterneköche bei „Lanz kocht“ das machen und die Regie jedes Mal das Studiolicht ausknipst, damit auch der begriffstutzigste Zuschauer vor dem Bildschirm merkt, dass da gerade große Kochkunst stattfindet. Der Herr der Flammen, Meister des Feuers und des darunter brennenden Essens – ein Job für die härtesten Küchenhunde. Denn mit Alkohol drüberkippen, anzünden und gucken was passiert ist es nicht getan. So darf der Mindestalkoholgehalt beispielsweise 40 Volumenprozent nicht unterbieten, da sie sonst nur kurz oder gar nicht brennt. Und wer will schon einen Spirituosen-See auf seinem mühsam zusammengerührten Nachtisch oder dem Bratensößchen? Profis erwärmen den Alkohol zuerst in einer Schöpfkelle über einer Spiritusflamme oder in einem Topf. So lässt er sich einfacher entzünden, wenn er erstmal auf der Speise (oder dem Getränk) ist. Warum man den Alkohol erst übers Essen kippt und mühsam abfackelt und nicht gleich zum Gericht dazu trinkt, liegt daran, dass man von diesem Alkohol ausnahmsweise mal nicht betrunken werden möchte. Verschwendung mögen die Anhänger des gepflegten Schwipses dazu sagen, die Flambier-Fans nehmen den Verlust der berauschenden Wirkung aber gerne hin, da der verbrannte Alkohol seine feinen Aromastoffe auf der Speise hinterlässt und ihr so einen ganz besonderen Geschmack verleiht. Das erklärt auch, warum man keinen 50-Cent-Fusel im Tetrapak über das Essen kippen, oder sich danach zumindest nicht darüber wundern sollte, dass der Braten eher nach Bunsenbrenner als nach Schwein schmeckt. Das wäre ein denkbar schlechter Start ins neue Jahr. Und um ganz sicher zu gehen, machen wir an Silvester Fondue – mit Feuer und Flamme, aber ohne Flambieren. Guten Rutsch und wir lesen uns in 2012!

Donnerstag, 22. Dezember 2011

Ist das Kunst oder kann man das essen?

An sich ist Kunststoff ein Festkörper, behauptet Wikipedia. Und: „Ein herausragendes Merkmal von Kunststoffen ist, dass sich ihre technischen Eigenschaften, wie Formbarkeit, Härte, Elastizität, Bruchfestigkeit, Temperatur-, Wärmeformbeständigkeit und chemische Beständigkeit (…).“ Das mit der Temperatur- und Wärmeformbeständigkeit wurde kürzlich ebenso eindrucksvoll in einem wissenschaftlichen Experiment in unserer Küche widerlegt, wie die Behauptung mit der Formbarkeit und Elastizität bestätigt.
Der Ausgangspunkt: der Sauerteig in der Schüssel muss gehen. Das geht am besten bei konstanter Temperatur und die ist am konstantesten im Backrohr. Wenn es bei 50°C 20 Minuten dauern würde bis der Teig soweit ist, müsste es bei 200°C nur 5 Minuten in Anspruch nehmen, bis der Teig soweit ist.
Das hätte durchaus klappen können, wenn
1)Die Schüssel nicht aus Kunststoff gewesen und
2)Das Sauerteig-Schüssel-Pärchen nicht im Backofen vergessen worden wäre.
Das Ergebnis: Auch eine hochwertige Kunststoffschüssel überlebt keine halbe Stunde bei 200°C, kann aber durchaus als Dalí-Hommage zweitverwertet werden. Vom Kunststoff zum Kunstwerk sozusagen. Titel: saurer Teig in weinender Schüssel.
P.S.: eine neue Schüssel gibt es schon für 15 Euro bei amazon.de – ein echtes Schnäppchen im Vergleich zu den Kosten für die Diamanten, die Damien Hirst auf seinen Totenschädel gepappt hat.

Mittwoch, 14. Dezember 2011

Da schnitz‘ mir doch einer ein Nilpferd


Parmesan ist ein sehr edler Käse. Das sieht man ihm vielleicht nicht an, wenn er klein gehobelt auf die Pasta rieselt, aber sogar Casanova hat ihn als „vortrefflich“ bezeichnet. Obwohl dessen Metier eher weiche Frauenleiber als harte Käselaibe waren. Der orignial Parmigiano-Reggiano wird in verschiedenen oberitalienischen Provinzen hergestellt und von einer speziellen Aufsichtsbehörde überwacht, zu der etwas mehr als 500 Molkereien gehören. Jährlich produzieren die Italiener über 100.000 Tonnen Parmesan, rücken aber nicht einmal 20 Prozent davon raus, weswegen wir im Supermarkt oft mit Grana Padano, der aus der Not einiger Mönche in der Lombardei entstand, ihren Milchüberschuss irgendwie haltbar zu machen.
Parmesan ist ein so vielseitiger Käse, dass es ganze Kochbücher nur mit Parmigiano-Rezepten gibt. Und er regt die Phantasie an: Als wir vor Kurzem mit Freunden beim Frühstücken waren, inspirierte uns das übriggebliebene Stück Hartkäse zu einem Kunstwerk, das demnächst bei Sotheby’s vermutlich den Brillianten besetzten Totenkopf von Damian Hirst um ein Vielfaches der Bietersumme übersteigen wird: Parmesan-Nilpferd mit Croissantrücken auf Grünwerk. Und in der nächsten Folge unserer kleinen Lebensmittel-Kunstreihe könnt ihr euch freuen auf: Sauer Teig in weinender Schüssel – eine Hommage an Dalí.