Montag, 3. Januar 2011

Lost in translation

Fred Astaire hatte es gut: Sein einziges Problem bezüglich Nahrungsmitteln war, dass SIE potato sagt und ER potaeto, SIE tomato, ER tomaeto. Zumindest, wenn man seinem Lied glauben darf. Eine Sprachbarriere, die trotz Vokal-Differenzen zum gleichen Lebensmittel im Einkaufskorb führen dürfte. Das ist nicht immer selbstverständlich, denn allein innerhalb Deutschlands haben Nahrungsmittel teils so unterschiedliche Bezeichnungen, dass man als Nicht-Einheimischer einen Dolmetscher bräuchte, um mit dem Einkaufszettel klar zu kommen.
Damit meine ich nicht die Brötchen-Semmel- oder Alsterwassser-Radler-Barriere, die Nord- und Süddeutschland nur noch theoretisch trennt, weil man soviel darüber gesprochen hat, dass inzwischen jeder Bürger im sprechfähigen Alter beide Begriffe kennt.
Ich denke eher an Wörter, wie Seidla, Franzbrötchen oder Bodabira. Alle drei gängige Bezeichnungen in ihren jeweiligen Landstrichen, für einen Nicht-Einwohner aber zunächst ein Rätsel. So ist ein Seidla ein Bierkrug mit Halblitervolumen – der gängigen Ausschankeinheit des Gerstensaftes in Franken, der Heimat dieses Wortes. Im Norden wäre der korrekte Ausdruck für diese Maßeinheit „ein großes Bier“, in Südbayern „a Hoibe“.
Ein Franzbrötchen hatte ich vor meinem Umzug nach Hamburg für ein Fischsandwich gehalten. Wahrscheinlich, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass man im Norden etwas ohne Fisch isst. Tut man aber. Ein Franzbrötchen ist ein süßes Plundergebäck mit Zimt, in Bayern würde man es wahrscheinlich Zimtschnecke nennen, da man dort das Wort „Brötchen“ nur in den Mund nimmt, um Preussen als solche bloßzustellen („Hostas gkehrt, Fanni, EIN BRÖTCHEN wülla, dea Saubreiss, der greislige“). Eine der am besten chiffrierten Sprachen wird meiner Meinung nach aber im Allgäu gesprochen. Dort, wo die Berge hoch sind, "links und rechts" "wiescht und hott" heißt und gerne mal Bodabira in den Topf kommen. Das hat überraschenderweise mal nichts mit Bier zu tun, sondern mit Gemüse. Bodabira heißt übersetzt "Bodenbirne", also Kartoffel. Ein Lebensmittel, das die Kreativität in der Namensgebung landesweit ungemein anzuregen scheint. In der Pfalz nennt man sie Krumbeer, in Mecklenburg Tüfften und in der Heimat unserer Kanzlerin, der Uckermark „Nudel“. Ob die Nudel dort dann Kartoffel heißt oder Knödel oder ganz anders, weiß ich nicht. Aber vielleicht ist das der Grund, warum die im Bundestag dauernd aneinander vorbeizureden scheinen. You say Nudel, I say Knödel - egal, Hauptsache es schmeckt.

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