Montag, 18. April 2011

Hot, hot, hot

"Pain", "Death", "F*** hot". Wenn einem derart Beschriftetes aus den Regalen
entgegen leuchtet, ist man nicht zwangsläufig in einem SM-Shop auf der Reeperbahn, sondern vielleicht einfach beim schärfsten Weinhändler der Schweiz, in Zürich. Da waren wir vergangenes Wochenende, zum Hot-Sauce-Tasting. Und wnn Sie die stoischen Schweizer einmal heulen sehen möchten, dann sollten Sie dort auch einmal hin. Der Besitzer, anfangs reiner Weinverkäufer, hat nach und nach seine Passion für Scharfes zum Beruf gemacht: Neben gefühlten X-hundert Flaschen und Gläsern mit Soßen und Pasten der Schärfegrade 1 (zippelt auf der Zunge) bis 12 (Waaaaaaaaaaaaaaaaaaah, die größtenteils aus den USA kommen, hat er eine kleine, feine Eigenlabel-Linie an scharfen "Nahrungsergänzungs-Mitteln" und rund 40 Sorten Chili-Pflanzen, die er als Setzlinge zum Kauf anbietet. Letzten Samstag gab es außerdem eine Gaumenbetäubende Menge seiner brenzligen Produkte zum Probieren. Nebst Scharf-Ess-Kontest, der darin bestand, erst ein höllisch scharfes Schokoladenblättchen zu vertilgen und anschließen zwei Tacco-Chips bestrichen mit jeweils einer Paste, die sich eigentlich durch die Pappschale hätte fressen müssen. Sie hat sich aber "nur" in die Darmwände meines Züricher Kumpels gebrannt - immerhin hat er für seine Todesverachtung eine Mini-Flasche... richtig... Hot Sauce bekommen. Schärfe-Grad 9, falls noch was von den Innereien überlebt haben sollte. Ich habe beim Tasting leichtsinnigerweise einen Tropfen der Kategorie 10+++ auf mein Brot geträufelt - Himmel, das letzte Mal hatte ich solche Schmerzen an einem Körperteil als ich meine Kontaktlinsen in einem Behälter aufbewahrt habe, in dem ich zuvor Wärmesalbe transportiert hatte.
Die Schärfe-Kategorien bei Chili-Produkten richten sich nach deren Capsaicin-Gehalt, der in Scoville gemessen wird. Weil der Wert 500.000 (Hölle)für die meisten Menschen zwar eindrucksvoll, aber recht abstrakt ist, gibt es parallel eine Tabelle von 1 bis 12. Die Scoville-Skala entwickelte der gleichnamige Pharma-Wissenschaftler Wilbur L. Scoville 1992. Eigentlich diente sie ursprünglich dazu, die Capsaicin-Dosierung für medizinische Präparate möglichst präzise zu dosieren. Um die Skala zu erstellen, mussten Testpersonen probieren, wie scharf sie unterschiedliche Wasser-Capsaicin-Gemische empfanden. Brauchte es zum Beispiel zehn Liter Wasser um die Schärfe verschwinden zu lassen, wurde ein Häkchen bei 10 Scoville gemacht. Heute misst ein Gerät das jeder chemischen Verbindung eigene Lichtspektrum und errechnet daraus die Schärfe-Konzentration. Ist aber lange nicht so lustig, wie den Soßentestern im Laden dabei zuzuschauen, wie sie ihren Neutralisationsjoghurt aus mitgebrachten Tupperdosen löffeln - und selbst zu versuchen zu vertuschen, dass einem gerade das Gaumenzäpfchen wegröstet.

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