Freitag, 20. Januar 2012

Gin, Gin

Aus Holland kommen nicht nur Käse, Tulpen und Fernsehmoderatoren. Auch der Vorfahre des Gin, ein Wacholderschnaps namens Genever stammt aus dem Land der Windmühlen. Obwohl die Niederlande lediglich das Wirkungs-, nicht der Heimatland von Franz de le Boë, eines Arztes, Begründer der klinischen Chemie und Godfahter of Gin sind. Er war eigentlich Deutscher, pendelte aber schon während seiner Studienzeit zwischen Deutsch- und Holland hin und her. Mit Vorliebe beschäftigte er sich mit Verdauungsvorgängen und Körperflüssigkeiten. Kein Wunder, dass dabei etwas herauskam, das mit Alkohol zu tun hatte. Das war Mitte des 17. Jahrhunderts. Als hätten sie gewusst, dass es was Neues zum Birne wegschießen gibt, marschierten kurz darauf die Briten in Holland ein – angeblich, weil sie die Niederländer im Krieg um die Unabhängigkeit von der spanischen Krone unterstützen wollten. Als sie dann schon einmal im Land waren, konnten sie auch gleich den lecker Wacholderschnaps von Doc de le Boë mit nach Hause nehmen. Als kleines Dankeschön für die Hammer-Unterstützung sozusagen. Bald fingen sie an die klare Spirituose selbst zu brennen. Weil die Briten an der Destille deutlich mehr Geschmack haben als am Herd, brannten sie das Gesöff dreifach, mal mit viel, mal mit sehr viel Wumms, bis Ende des 18. Jahrhunderts der Gin Act erlassen wurde. Ein eigenes Gesetz nur für diesen Alkohol, der die Qualität und Herstellung genau festlegte und den Wacholderschnaps damit als Getränk der Upper Class etablierte. Brannte das Unternehmen Gordon Co. noch einen recht rauen Gin, ließen die Destillerien in Finsbury ihn gleich vier Mal in Kupferkesseln verdunsten, was ihm einen runden, trockener Geschmack verlieh. Den des typischen London Dry Gin, zu dessen bekanntesten Vertretern der Tanqueray gehört. Den brennen die Briten erst liebevoll mit frischen Kräutern und Früchten in kleinen Kesselchen, um den Edelstoff dann in eine Flasche zu kippen, deren Form der der englischen Hydranten nachempfunden ist. Hydranten? Gibt es in Großbritannien nicht genug Formen, die nachempfindenswerter sind als Hundeklos, an die die Feuerwehr ab und an ihren Schlauch stöpselt? Big Ben, die Bärenfellmützen oder Prinz Charles‘ Ohren zum Beispiel. Na ja, Hauptsache, der Inhalt schmeckt. Wonach er schmeckt, hängt – wie bei so ziemlich allem – davon ab, was drin ist. Beim Gin sind das, neben Getreide oder Melasse und jeder Menge Volumen-Prozent, vornehmlich Koriander und Wacholderbeeren, auf Lateinisch: Juniperus oder Englisch: juniper berries. Von da war’s dann nur noch einmal Verlallen bis das Zeug Gin hieß.
Manche Hersteller kippen in ihren Brand auch Ingwer (z.B. Gordon’s), Muskat oder Orangenschalen. Die Franzosen mussten wieder mal einen auf Gourmet machen und schnipselten Safran in ihren Gin, wodurch der natürlich goldfarben wurde und ein ganz besonderes Aroma bekam. Angeber.
Ob Safran oder Wacholder: Die Alkoholdämpfe dürfen bei der Herstellung des Gin schön gemütlich über das Obst und Gemüse wabern und sich damit volldröhnen (womit sich der Kreis zu Holland schließt). Manchmal werden die Gewürze aber auch politisch korrekt in die Maische gekippt und mit ihr zusammen destilliert. Manchmal auch beides.
Dem Gin ist sogar ein Gemälde gewidmet, „Gin Lane“ von William Hogarth aus dem Jahr 1750. Es ist das Schwestergemälde von „Beer Street“ und stellt die Exzesse mit diesem Klarbrand und das durch Ginkonsum verursachte ungebührliche Verhalten dar. Gut, dass wir das heutzutage im Griff haben. Oder?

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