Samstag, 7. Januar 2012

Darf's noch etwas Wein sein?

63-49-179 – Das sind die Idealmaße einer Bordeaux-Weinflasche. Sie ist die beliebteste Flaschenform. Die ersten Weinflaschen aus dem 18. Jahrhundert waren noch schwarz, hatten einen dicken Boden und einen noch dickeren Bauch. Verschlankt wurde die Weinflasche später, damit sie auch liegend gelagert werden und mehr davon in den Keller gestapelt werden konnten – eine bei entsprechend schnellem Verzehr gänzlich unnötige Eigenschaft.
Neben der Bordeauxflasche mit breiten Schultern und gewölbten Boden, der Aufwirbeln von Ablagerungen beim Eingießen verhindern soll, gibt es fünf weitere Formen:
Die Burgunderflasche ist im Prinzip die schulterfreie Schwester der Bordeauxbottle, die Schlegelflasche ist die magersüchtige Version der Burgunderflasche, der Bocksbeutel der, der der Schlegelflasche das ganze Essen weggefuttert hat, die Sachsenkeule eine Art Kegel, die sich schlecht liegend lagern lässt und die Fiasco- oder Korbflasche das Ding, in dem beim Italiener um die Ecke meistens ein Kerzenstumpen steckt und vor lauter Wachs kaum noch Flasche zu sehen ist.
In Deutschland gibt es fast 100 Rebsorten, von denen aber nur etwa ein Viertel von wirtschaftlicher Bedeutung sind. Die wichtigsten Weißweine sind Riesling und Müller-Thurgau, bei den roten liegen Spätburgunder und Dornfelder aktuell vorne. Im Gegensatz zu Korn oder Hopfen, können Weintrauben ein höchst praktisches Kunststück: Sie beherrschen die Spontangärung. Auf den Trauben sitzen nämlich von Natur aus wilde Hefen, die die Gärung in Gang bringen können. Die Winzer nutzen das, um dem Wein ein regionaltypisches Aroma zu verleihen. Die Verbraucher um – na ja – betrunken zu werden. Oder schlauer. Denn laut einer Studie der Uni Kopenhagen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Person Wein trinkt, je höher deren IQ ist. Und bei einem Intelligenztest des Londoner University College mit 10.000 britischen Beamten schnitten diejenigen am besten ab, die pro Tag eine halbe Flasche Wein tranken. Was passiert dann erst, wenn man eine ganze trinkt? Die Forscher glauben, dass der Wein den Blutfluss im Gehirn erhöht und man dadurch besser denken kann. Sauf dich schlau – das wäre doch mal eine Kampagne für die Brennpunkt-Schulen, die zumindest vom Prinzip her verstanden und umgesetzt werden könnte. Und wenn es nicht klappt und man trotzdem von den Brennpunktlern verprügelt wird, kann man den Wein auch gleich zur Schmerzlinderung hernehmen wie die alten Griechen. Damals wurde der Wein übrigens noch für ein Mittel gegen Kopfschmerzen gehalten, nicht als Verursacher ebensolcher. Der Mediziner Friedrich Hoffmann ging sogar noch eine Stufe weiter und entwickelte die Weinkur, bei der der Patient vorsichtig mit 1,5 Litern Wein pro Tag an die Materie herangeführt wurde, um die Trinkmenge im Laufe der Behandlung auf sechs bis acht Liter pro Tag zu erhöhen. Da kann sich so mancher Oktoberfestgänger noch was abgucken, wenn er nach drei Maß anfängt Karussell zu fahren ohne den Biertisch verlassen zu haben. Zumal Wein erst bei 8,5 Volumen-Prozent anfängt, nicht bei zwei wie der Gerstensaft mit Schaumkrönchen. Kein Wunder, dass sich Mythologien und Religionen Wein, nicht Bier aussuchten, um in Ekstase zu geraten und damit ihren Gottheiten näher zu kommen. Und nicht zuletzt hat auch Jesus nicht „Nein“ gesagt zu einem guten Tröpfchen – und wenn er es selbst aus Wasser keltern musste. Nicht, dass er der erste Wein-Connaisseur gewesen wäre. Schon sechs Jahrtausende bevor er auch nur in die Nähe einer Krippe gekommen war, pichelten sich die Perser und Georgier fröhlich einen und auch die alten Ägypter waren einem kräftigen Schluck Wein nicht abgeneigt. Wein ist eines der ältesten menschlichen Kulturgüter und wird völlig zu Recht in volksfestählichen Veranstaltungen oft mehrere Tage lang gefeiert, es gibt Liebhaber- und Kennervereine, sogar Weinbruderschaften. Ob die sich ihren Schmiss mit dem Korkenzieher beibringen ist allerdings nicht überliefert.

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