Til Schweiger ist sowas von raus. Sein feinsinnig humoristisch als "Kokowääh" bezeichnetes Gericht, das er in der gleichnamigen Filmromanze zusammenkloppt, kann er ungekaut in die Tonne kippen. Achim hat gestern nämlich ein Rothweinhähnchen gebruzelt, das ich jederzeit einem Til Schweiger vorziehen würde. Ob Film oder real. Und erst recht allem Essbarem, an dem Til Schweiger seine Finger hatte. Wenn er so kocht wie schauspielert ... na ja, egal. Ist, wie essen auch, Geschmackssache.
Der Coq au Vin, inzwischen als eine Art intellektuelle Variante des Dosenhendls anzusehen, hatte jedenfalls nicht immer Starqualitäten. Im Gegenteil: Lange Zeit galt es als Arme-Leute-Essen. Denn Geflügel war pflegeleicht, einfach aufzuziehen und quasi schon vorportioniert. Weil Hahn im Gegensatz zu Huhn etwas trockeneres Fleisch hat (und man ihn nicht zum Eierlegen brauchen konnte), badete man den Sonntagsbraten in Flüssigkeit, um nicht beim ersten Bissen anzufangen Staub zu spucken. Und das Alltagsgetränk im Geburtsland des Coq au Vin, in Frankreich, war nun einmal Wein. Mit diesen beiden Zutaten - Hahn und Wein - ist das Grundrezept auch schon erzählt. Was man sonst noch an Gemüse in den Topf kippt, bleibt jedem selbst überlassen. Wir hatten Karotten, Champignons, Zwiebeln und Speckwürfel drin - nur Gemüse zum Fleisch ist ja auch langweilig. Es war großartig, ein echtes Festessen.
Allerdings habe ich heute bei der Recherche für meinen Blogeintrag feststellen müssen, dass wir gegen fast alle französischen Coq-au-Vin-Grundgesetze bis auf das mit dem "Hahn und Wein" verstoßen haben. Die lauten nämlich:
- Es soll ein ganzes Tier zubereitet werden (unseres war geviertelt, sonst hätte es nicht in den Topf gepasst)
- Neben Wein ist zwingend die Verwendung von regionalen Spirituosen vorgesehen (in unserem Falle wäre das vermutlich "Küstennebel" gewesen, wir haben irgendeinen Cognac reingekippt)
- Der Hahn soll auf keinen Fall in minderwertigem Wein zubereitet werden, sondern mit dem Wein, der auch zum Essen getrunken wird (hahaha, ich bin doch nicht bescheuert! Ich halte mich lieber an die Aschenputtel-Variante: Den Fusel ins Töpfchen, den guten ins Kröpfchen)
- Zum Coq au Vin wird Baguette gegessen (hatten wir schon zum Frühstück, deshalb gab es Kartoffeln)
Man kann also selbst bei einem Arme-Leute-Gericht einiges falsch machen, wenn es aus Frankreich kommt. Kein Wunder, dass Sarkozy in so viele Fettnäpfchen getreten ist bei seinen Landsleuten, wenn die quasi flächendeckend aufgestellt sind und sogar vor Beilagen zu Geflügel nicht Halt machen. Die Fettnäpfchen, nicht die Landsleute.
Egal, nach eingehender Prüfung der Klingelschilder unserer Nachbarhäuser kann ich erleichtert vermelden: Kein französisch klingender Name, die Revolution wegen dilettantisch zubereiteten Coq au Vins wird vorerst nicht steigen. Hoffentlich aber eine weitere Auflage des Rotweinhendls à la Achim. Ich könnte ja schon wieder...
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